Und da war sie.
Die Diagnose.
Brustkrebs.
Bösartig.
Mir zog es den Boden unter meinen Füßen weg.
Der 2. Juli 2019 veränderte mein komplettes Leben!
Und nicht nur meins – sondern auch das meines Mannes und unseres 4 jährigen Sohnes
Doch da war mein alternatives Denken noch

Denn seit meiner Schwangerschaft (2014/2015) habe ich mich vermehrt dem alternativ, bedürfnisorientierten und homöopathischen Leben gewidmet: stellte den Hustensaft meines Sohnes aus Zwiebeln und Rohrzucker selbst her, schlafen tuen wir bis heute im Familienbett, welches mein Mann selbst baute und stillen? Ja, das war mir während meiner Schwangerschaft schon klar.

Doch wie lange? – Keine Ahnung! Mindestens jedoch 6 Monate. Und danach? Mmh. Ich hatte keine Ahnung. Mein Sohn entschied dieses sehr schnell für sich selbst, indem er mir mein Essen vom Teller weg nahm und es probierte. Ab diesem Zeitpunkt aß er vom Tisch mit und stillte bis er 3,5 Jahre war zusätzlich. Dann wollte ich nicht mehr.
Ich befasste mich viel mit dem Begleiten von Kinderkrankheiten und hatte von Geburt an die ein oder andere- wohl eher mehrere – Cremes (Thymian Myrte Balsam, Engelwurzbalsam, Arnica Gelee) und Globuli (Nux Vomica und Arnica) sowie Zahnöl (aus der Bahnhof – Apotheke ) zu Hause.
Ich achtete auf die Bedürfnisse meines Sohnes genau, benannte alles, was ich machte mit Worten, trug ihn in der Trage oder im Tuch und begleitete seine Wutanfälle statt ihn mit den Worten: „Geh in dein Zimmer und wenn du wieder lieb bist darfst du wieder raus kommen“ ins Zimmer zu schicken.
In den Kindergarten ging er erst mit 3,5 Jahren, weil er es wollte – aber lest selbst, wie seine Eingewöhnung war und warum ich es verstehen kann, dass er nach der Kita nicht kooperieren kann.
Meine Überforderung
Ich wusste nicht mehr, was ich denken, fühlen geschweige denn wie ich handeln sollte. Ich war und bin es bis heute: überfordert!
Und genau in dieser Situation muss / soll ich nun eine Entscheidung treffen?
Doch welche war die Richtige? Gab es überhaupt die Richtige? Ich wusste nicht mehr vor und nicht mehr zurück! Mein Leben stand auf dem Kopf! Ein einziges Wort änderte alles! Veränderte mein Leben! Veränderte das Leben meiner Familie!
Doch wie sollte es jetzt weiter gehen? Eines stand für mich immer fest: niemals werde ich eine Chemotherapie machen! Doch, was ist eine Chemotherapie eigentlich?
Chemotherapie – Was ist das eigentlich?
„Chemotherapie bedeutet die Behandlung einer bösartigen Erkrankung durch Medikamente, die das Tumorwachstum hemmen. Die Gruppe dieser Medikamente wird auch als Zytostatika bezeichnet. Der Begriff Chemotherapie ist daher mit dem Begriff zytostatische Therapie gleichbedeutend. Chemotherapien erfolgen zur Sicherung des Heilungserfolges nach einer Operation bei der der Tumor komplett entfernt wurde (adjuvante Therapie); sie kann aber auch selbst zu einer Heilung beitragen, das Leben verlängern, Leiden lindern oder das Auftreten von Beschwerden verzögern.
Zytostatika greifen Tumorzellen auf unterschiedliche Weise an. Im Allgemeinen gilt, dass Zytostatika ihre beste Wirkung bei wachsenden und sich teilenden Zellen entfalten. Dies trifft besonders auf bösartige Zellen zu, die sich in einem Zustand des ungeregelten Wachstums befinden. Aber auch gesunde und normale Körperzellen können durch Zytostatika beeinträchtigt werden. Dies verursacht einen Teil der unerwünschten, aber nicht immer vermeidbaren Wirkungen („Nebenwirkungen“) der zytostatischen Behandlung. Die gesunden Körperzellen haben jedoch im Gegensatz zu den Tumorzellen Reparaturmechanismen, die eine solche Schädigung wieder ausgleichen können. Daher sind die Chemotherapie bedingten Nebenwirkungen auf das gesunde Gewebe im Allgemeinen rückbildungsfähig, während Tumorzellen absterben.“ (aus dem Aufklärungsprotokoll zur Chemotherapie bei bösartigen Erkrankungen)
Die Entscheidung

Die Entscheidung habe ich für mich getroffen als ich das Ergebnis der Biopsie vor mir liegen hatte. Die Ärztin erklärte mir zwar alle Werte – aber ich befand mich wie in Trance: ich wollte es einfach nicht wahr haben!!! Unter Tränen und immer noch im Weinen trat ich den Weg nach Hause an.
Die Zahl 70 bei KI-67 (Dies ist die Wachstumsgeschwindigkeit eines Karzinoms, die sich mit dem Anteil teilungsaktiver Zellen abschätzen lässt. Dazu benutzt die Pathologie den Marker Ki-67. Karzinome mit einem Grad 3 haben zumeist Ki-67 Werte von über 25 Prozent. Bis zu 80 Prozent teilungsaktiver Zellen kommen vor; hier sind die Aussichten, mit Chemotherapie den Tumor zu treffen, besonders hoch.) hat sich in mein Gehirn eingebrannt. Eine Zahl, die mir zeigte, dass die Tumorzellen sich sehr, sehr schnell teilen. Auch hatte ich bis dahin noch die Hoffnung auf Grad 1 oder 2! Aber Grad 3!!! Da gab es eigentlich nicht mehr viel zum Nachdenken!- Für mich schon.
Dazu kamen auch noch eine Menge Untersuchungen, die folgten. Welche genau kannst du in meinem ersten Beitrag zum Thema nachlesen: Mama hat Brustkrebs – Die Diagnose.

Am 18. Juli 2019, nach allen Untersuchungen, folgte ein Gespräch mit der Frauenärztin im Klinikum. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir selbst die Frist gesetzt eine Entscheidung zu treffen, da ich meine Entscheidung nicht ins Unermessliche aufschieben wollte. Ich redete mit meinem Mann, einer Freundin von mir, meinem Frauenarzt und meinem Therapeuten. War mir immer noch total unsicher, wusste nicht, ob es das Richtige ist. Und traf trotzdem eine Entscheidung: ich mache die Chemotherapie, aber nicht, weil ich persönlich dahinter stehe!!!
Die erste Chemotherapie
Die erste Chemotherapie wurde geteilt: am 31.7. sollte es mit den Antikörpern beginnen und am 1. 8. folgte die erste Chemotherapie.
Die Nacht vor dem 31.7. habe ich komplett nicht geschlafen: ich hatte angst, war aufgeregt, nervös, wusste nicht, was auf mich zukommt.
8:30 Uhr erschien ich im Schwesternzimmer zum Portanstechen für die Infusion, Blut wurde abgenommen und der Puls wurde gemessen. Ich wurde in einem kurzen Gespräch über den Ablauf des ersten Tages aufgeklärt. Auch bekam ich einen Fragebogen zu meinem gesundheitlichen und seelischen Befinden sowie meinen persönlichen Aktivitäten und sozialen Kontakten.

Die ersten Antikörper begannen in meinen Körper zu laufen. Es fühlte sich nicht richtig an. Ich begann Herzschmerzen zu bekommen. Dieses wurde durch die Ärztin mit den Worten: „Das können keine Herzschmerzen sein!“ abgetan.

12:30 Uhr war der erste Tag mit der Medikamentenübersicht in Form eines DIN A4 Blattes (zu welcher Uhrzeit, ich welches Medikament in den nächsten beiden Tagen nehmen muss) beendet.

Am 1. August, es war ein Donnerstag, lief die erste Chemo in meinen Körper. Beginnend mit erneuter Antikörpergabe lief nach 2 h die Chemo durch. Das erste, was ich spürte, war ein ekelhaftes, schmerzhaftes Kribbeln in meinen Füßen. ich bekam Kühl Akkus – wurde aber direkt darauf hingewiesen, mir beim nächsten Male meine eigenen mitzubringen. 15:30 Uhr war der Tag beendet – und ich auch.
An den nächsten drei Tagen kribbelten meine Füße extrem. Was aber durch ständiges Kühlen mit Eis Packs eine leichte Linderung brachte.
Am Montag war es am Schlimmsten: ich verlor die ersten Handvoll großen Büschel meiner Haare und von Nachmittags 14:30 – 3:30 Uhr nachts hatte ich extreme Knochenschmerzen und Atemnot. Am Dienstag kamen Übelkeit, Schwindel, eine reduzierte Nahrungsaufnahme (da ich einen veränderten Geschmackssinn hatte), Kraftminderung, eine Gangunsicherheit, Druck am Tumor und der nächste Haarverlust kam hinzu.
Mein Haarverlust: selbst bestimmt

Von Anfang an wollte ich so selbst bestimmt wie nur möglich durch die Zeit der Behandlung. Daher war auch von Anfang an klar, dass mein Haarverlust vor allem eines ist: s-e-l-b-s-t-b-e-s-t-i-m-m-t!
Und dieser Moment war am Dienstag, den 6. August um 13:15 Uhr.

Ich bat eine Freundin mir in dieser Situation beizustehen, da ich nicht alleine sein wollte. Eigentlich bin ich eher der Mensch, der in so krassen Momenten lieber alleine sein will, aber ich brauchte sie und war dankbar, dass sie dieses mit mir gemeinsam gemacht und mir beigestanden hat. Den restlichen Nachmittag hat ihr Mann auf deren Kinder und meinen Sohn aufgepasst, so dass wir beide ganz in Ruhe miteinander reden und Sekt trinken konnten. Einen Moment, für den ich ihr auf ewig dankbar sein werde.
Mein Körper rebellierte

Abgesehen von den massiven Knochenschmerzen, dem Haarverlust und dem schmerzhaften Kribbeln in den Füßen behielt ich keinelei meiner Nahrung nach der ersten Chemo in mir. Alles kam direkt als Durchfall wieder raus bis dieser wässrig war. Ich hatte förmlich Angst etwas zu essen und wurde immer schwächer. Hinzu kamen Augenschmerzen und verschwommenes Sehen, so dass ich nach mehrmaligen Anrufen in der Klinik, was man gegen die Nebenwirkungen machen kann, mich am 15. Aug entschied in die Klinik zu gehen. Am Telefon war die einzige Antwort der Ärztin, dass sie mich stationär aufnehmen will! Mit einem 4 jährigen Sohn zu Hause für mich undenkbar. Ich schilderte direkt im Krankenhaus, dass ich verschwommen sehe und keine Nahrung in mir behalten kann. Das einzige, was gemacht wurde: ich bekam eine Infusion NaCl. Ich kam mir leicht verarscht vor! Hatte das Gefühl nicht ernst genommen zu werden. Und fuhr wieder nach Hause.
Dort angekommen staunte ich nicht schlecht:
Da kam ein kleines Päckchen mit einer wunderschönen selbstgestalteten und handgeschriebenen Karte mit einem unglaublich schönen Tuch und einem Glas, welches sich nicht in der Balance befindet mit der Aufschrift „Du schaffst das“. Claudia und ich kennen uns nicht persönlich. Sie hat mich mehr als nur zu Tränen gerührt.
Genauso wie die beiden Mützen von Dina. Sie übrigens Lerntherapeutin und unterstützt dich und dein Kind bei Fragen rund um das Lernen.
Und von Bianca bekam ich eine selbstgestrickte Mütze. Sie ist übrigens sehr zu empfehlen, wenn ihr selbstgestrickte Mützen und / oder Socken erwerben wollt.
Dann war da noch Ida. Sie leitet den Verein Montessori für Alle. Sie hat mir für meinen Sohn ein Memory mit Verkehrszeichen, Verkehrszeichen aus Holz geschickt.
Alle vier Frauen haben eines gemeinsam: ich kenne sie nur über Facebook. Unglaublich! Aber wahr!
Von Annette bekam ich das Persönlichste aller Geschenke: sie hat mir einen liebevollen Brief geschrieben und mich zu ihrem Workshop Seminar für Frauen – Jahreskreis eingeladen. Dieser ist absolut zu empfehlenfindet im kleinen Kresie von max 8 Frauen einmal zu jeder Jahreszeit in Marburg an der Lahn statt.
22. Aug – die 2. Chemo

Und schon war der 22. Aug da – der Tag der zweiten Chemo! ich hatte eine scheiß verdammte Angst erneut die ganzen Nebenwirkungen in noch schlimmerer Form zu spüren. Daher entschied sich die Ärztin mir eine besser verträgliche Chemo zu verabreichen.
Ich hatte Hoffnung!

Bis zum Sonntag, drei Tage später. Plötzlich waren meine Wangen im Gesicht verbrannt als hätte ich Sonnenbrand. Dazu kamen in den nächsten Tagen auch meine Hände: Meine Haut glühte. ich hatte das Gefühl innerlich zu verbrennen. – später erfuhr ich, dass dieses ganz normale Nebenwirkungen der Chemo seien. Danke, dass darüber keine Aufklärung erfolgte!

Zu diesem Zeitpunkt nahm ich eine große Anzahl an Medikamenten, die, bis auf die Woche nach der Chemo, da ganze Prozedere erträglich machten: ich fühlte mich total betröhnt und war nicht mehr Frau meiner Sinne. Es war einfach nur noch ein Überleben der Situation, aber kein Leben. Und schon gar nicht mit einem 4 jährigen Sohn. Jedoch waren diese in der Woche nach der Chemo nicht mal ausreichend waren. – Das interessierte aber weder die Ärzte in der Klinik noch in der Schmerzambulanz. Ich hatte schon genug und es macht ja abhängig. Das nach oben noch Luft war und ich die Schmerzen in der Woche nach der Chemo nicht ertragen kann, interessierte keinen.
Ich dachte über den Abbruch der Chemo nach, weil ich einfach nicht mehr konnte. Die Schmerzen waren nicht mehr auszuhalten und ich wollte auch nicht, dass mein Sohn seine Mutter eine Woche lang mit extremsten Schmerzen und Atemnot erleben muss und das unter der Gabe von vielen Schmerzmedikamenten.
Einen Versuch wollte ich dem Ganzen jedoch noch geben und der kam am
12. September – die 3. Chemo

Was hatte ich für einen Bammel vor der Chemo und den Nebenwirkungen in der Woche danach. Und sie kamen wie die letzten beide Male – und noch viel schlimmer. Am Montagfrüh musste mich mein Mann aus- und wieder anziehen, da ich meine Finger an beiden Händen nicht mehr bewegen konnte. Dazu kamen extreme Knochenschmerzen, Atemnot und Schwindel. Ich entschloss mich ins Krankenhaus zu fahren. Das einzige, was die Ärztin meinte war, dass es normale Nebenwirkungen seien, sie mir Selen empfehlen würde aber ansonsten N-I-C-H-T-S machen kann. ich war sprachlos. Wusste echt nicht, was ich sagen sollte. Und verließ still schweigend, sprachlos das Krankenhaus!
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich, neben diversen Tabletten, die ich morgens und abends einnahm, ein Morphiumpflaster mit 37,5 mg auf dem Rücken, welches ich alle drei Tage wechselte. Aufgrund der extremen Schmerzen erhöhte ich es auf zwei Pflaster (ohne ärztliche Erlaubnis: nicht zum Nachmachen geeignet!)
Am Mittwoch konnte ich mich vor Schmerzen nicht bewegen und schickte meinen Mann in die Schmerzambulanz um meine Medikamentendosis erhöhen zu lassen. Dieses wurde verneint.
Am Freitag, den 20. September, versuchte ich von morgens 9 Uhr bis 12:50 Uhr jemanden in der Chemoambulanz zu erreichen, da meine Schmerzen nicht abnahmen. Im Gegenteil: ich hatte seit diesem Morgen noch zusätzlich Schüttelfrost. 12:53 Uhr erreichte ich jemanden und teilte meine komplette Woche inkl. des neu dazugekommenen Schüttelfrostes mit. ich bekam nur die Antwort, dass dieses ganz normale Nebenwirkungen der Chemo sein und sie schmerztechnisch nichts machen könnten, so dass ich meine Entscheidung direkt am Telefon fällte:
Ich breche die Chemo ab
und setze die Medikamente ab.
Ich wollte endlich wieder leben, lachen, meinen Sohn begleiten und nicht andauernd sagen: „Es tut mir leid! ich kann das nicht! Mama hat keine Kraft!“ Dieses brach mir mein Herz! Ich wollte wieder am Leben teilnehmen. Mich nicht wie in Trance fühlen, einen Medikamentencocktail zu mir nehmen und trotzdem extreme, nicht auszuhaltende, Schmerzen haben.
Die ersten Tage nach meinem Abbruch hatte ich grippeähnliche Symptome: ich bekam Schnupfen, hatte Gliederschmerzen, fühlte mich unwohl. Doch nach und nach ließen auch diese Symptome nach und
begann wieder zu leben

Ich ging mit meinem Sohn wieder raus: ich zu Fuß und er mit seinem Laufrad, basteltet mit ihm, fing an meine Wohnung zu renovieren und fühlte mich wieder gut. Verlor mein, während der Chemo zugenommenes Gewicht, wieder.
Mein Körper hat immer noch mit den Strapazen der Chemo zu kämpfen: ich friere sehr schnell, bin noch häufig müde und erschöpft, meine Verbrennungen sind am verheilen, jedoch fangen meine Fingernägel an sich zu lösen.
Ich lebe wieder wieder und bin glücklich!

15 Kommentare zu „Brustkrebs – Der Weg, als alternativ denkende Person, durch die Chemotherapie“