Es ist Samstagmittag und du stellst entsetzt fest, dass eure Milch fast aufgebraucht ist. Jetzt heißt es dich selbst fertig machen und dein Kind. Dieses ist gerade mitten in seinem Spiel vertieft. Mit Ach und Krach kannst du dein Kind überreden, dass Spiel zu unterbrechen und mit dir gemeinsam zum Lebensmittelmarkt zu gehen. Puh, gerade noch geschafft. Du schnappst dir die Milch und

möchtest den Laden verlassen

Doch dein Kind hat das Spielzeugregal entdeckt. „Oh nein!“ denkst du dir.

Du entscheidest dich dein Kind in Ruhe die Spielsachen begutachten zu lassen und hoffst, dass es dabei bleibt. Doch dein Kind hat ein Spielzeug entdeckt, was es unbedingt haben möchte! Du erklärst ihm, dass es schon gefühlte 250 Autos hat… Aber natürlich keinen gelben Kran, nur einen kleinen roten. Das ist natürlich völlig was anderes. (für dein Kind auf alle Fälle)

Du kannst Dein Kind bei Wutausbrüchen begleiten und ihm so das Gefühl vermitteln, dass sein Gefühl gehört und akzeptiert wird! Denn jeder Mensch hat ein Recht auf seine Gefühle und Dein Kind ist auch ein Mensch!

Und ihm am Besten zusätzlich noch erklären, dass gerade weder Weihnachten noch Ostern und erst recht nicht sein Geburtstag ist und du ihm deshalb kein Spielzeug kaufst (klingt logisch die Erklärung, oder?). Du könntest natürlich auch die

Frustration deines Kindes tolerieren.

Doch was heißt das überhaupt? Für mich steht die Annahme des Kindes, so wie es ist, im Fokus. Doch gerade bei Gefühlen, die für uns Erwachsene negativ und selbst kaum auszuhalten sind, wie Wut, Trauer, Zorn, Frust fällt es uns schwer unsere Kinder zu begleiten. Denn somit haben wir ja schon zwei Personen – unser Kind und uns selbst! Und das ist verdammt schwierig für uns, wenn wir da ein kleines Kind vor uns stehen haben und überhaupt nicht wissen, was da im Kopf los ist. Somit ist es wichtig, dass wir da sind und seine Gefühle anerkennen. Das wir sie vor allem wahrnehmen, d.h. sich erstmal auf Augenhöhe des Kindes zu begeben. Für den Moment. Und nach der Situation mit deinem Kind darüber zu sprechen.

Jetzt möchte dein Kind das Spielzeug aber unbedingt

Spielzeug ist teuer. Und wenn du jetzt nicht das billigste Plastikspielzeug (und selbst das geht irgendwann ganz schön ins Geld) nimmst, dann summeriert es sich ganz schön. Somit ist es also nachvollziehbar, dass du deinem Kind nicht jeden Tag ein Spielzeug kaufen kannst.

Für mich persönlich ist es aber ein Unterschied, ob ich meinem Kind erkläre, dass es zu Weihnachten, Ostern und seinem Geburtstag nur ein Geschenk bekommt oder ob es gerade aus einem bestimmten Grund nicht geht. Und das erkläre ich ihm dann auch. Zum Beispiel haben wir gerade kein Geld dafür oder er hat erst ein Spielzeug bekommen oder wir möchten zu seiner Oma nach Spanien fahren. Das heißt: ich gehe weg von den 2 – 3 Feiertagen hin zur Begleitung.

Übrigens bin ich genauso erzogen worden und habe es weder als Kind noch jetzt als Erwachsene oder Mama verstanden. Deshalb lege ich vielleicht auch auf solche Tage keinen großen Wert. Für mich sind es Kommerzveranstaltungen für die Wirtschaft. Wobei wir sie aber für unseren Sohn feiern – ohne Weihnachtsbaum aber mit geschichtlichem Hintergrund.

Dein Kind wird jetzt höchstwahrscheinlich nicht freudestrahlend in die Luft springen und sich für deine Erklärung bedanken (ich hoffe, du hast das auch nicht wirklich erwartet).

Und jetzt stelle dir das ganze Szenario im Lebensmittelmarkt vor

und am besten noch mit deinem sich auf den Boden werfenden Kind (keine Angst, ich kenne dein Kind nicht – habe aber ein, sich in der Trotzphase befindlichen Sohn): oh ja, die Blicke der anderen Menschen sind hart, sehr hart sogar. Aber in so einem Moment hat dein Kind mit etwas zu kämpfen und auch wenn wir nicht wissen, was in so einem kleinen Kopf vor geht. In diesem Augenblick, wenn dein Kind dieses Spielzeug haben will und es dieses nicht bekommt, dann ist dieses Kind in Not: dein Kind ist in Not.

Dein Kind erlebt in dieser Not Situationen, die können wir nicht nachvollziehen. Deshalb auch Notsituation!

Jetzt kannst du dein Kind in dieser Situation begleiten, vielleicht sogar dich auf den Boden setzen oder in die Hocke gehen und gemeinsam die Situation erleben, d.h. aber nicht das du dein Kind tot quatschen sollst.

Schau dir dein Kind an – Und du kennst dein Kind am aller Besten!

Es gibt Kinder,

  • die möchten fest in den Arm genommen werden,
  • die sind auf einmal ruhig, weil sie froh sind, das du da bist
  • die steigern sich in ihre Wut rein
  • die möchten eine Erklärung
  • da funktioniert das alles nicht!

verstehe mich bitte nicht falsch: dein Kind muss nicht funktionieren! Es ist ja schließlich keine Maschine, bei der du auf einen Knopf drückst und sich ihr Verhalten ändert, es leise wird.

Es gibt aber Kinder, die möchten direkt aus der Situation raus genommen werden! Und das ist kein: ich lenke mein Kind von seinen Gefühlen ab, sondern du gehst in eine neue Situation. Damit ist die andere Situation vorbei und ihr könnt weiter einkaufen gehen.

Und da wir uns ja in einem Lebensmittelmarkt befinden, kannst du dein Kind los schicken um die Dinge zu holen, die ihr noch braucht. Nimm doch bitte am Besten etwas, wo dein Kind dran kommt. Das du deinem Kind durch den Laden folgst und ihn da nicht komplett alleine durch rennen lässt, setze ich einfach mal voraus.

So bist du von der einen Situation weg, hin zu einer Aufgabe. Binde dein Kind mit ein.

In dem Moment erhöhst du übrigens die Frustrationstoleranz, denn wenn dein Kind eine Aufgabe bekommt vermittelst du ihm das Gefühl der Wertschätzung, es kann dir helfen und wenn es die dann auch noch lösen kann, dann ist er sehr stolz auf sich selbst.

Vielleicht kannst du deinem Kind am Ende noch eine Geldmünze in die Hand geben, so dass es sich noch eine Kleinigkeit aussuchen kann. So lernt es zum einen den Umgang mit Geld, zum anderen darf es selbstständig eine Entscheidung treffen und sieht, dass Dinge Geld kosten und das Geld nicht an Bäumen wächst (wäre eigentlich ne ziemlich geniale Pflanze).

Zuhause geht das auch

Ich möchte ganz klar von den Sätzen a la „Räum bitte erst den Tisch ab und danach darfst du spielen!“ weg. Wenn ihr natürlich gerade gegessen habt und auf dem Tisch ein Gesellschaftsspiel spielen wollt, dann wäre es von Vorteil, dass der Tisch abgeräumt und sauber ist. Und dabei kann jeder helfen, denn umso schneller geht es, die jüngeren Kinder können z. B. ihren Teller abräumen. Dieses kannst du deinem Kind auch erklären. Das ist übrigens der Grundstein für die Mithilfe im Haushalt – kleine, an das Alter deines Kindes angepasste, Aufgaben, die es erfüllen kann.

Stell dir z. B. vor dein Kind hat einen Motorikwürfel und möchte jetzt ein bestimmtes Teil hineinstecken. Vielleicht passt das Teil aber aufgrund seiner Form nicht rein. Jetzt kannst du dir das ein paar Mal anschauen und je nachdem wie dein Kind reagiert kannst du den Würfel vielleicht ein bischen drehen oder dein Kind darauf hinweisen, dass ein anderer Baustein vielleicht besser passen würde, sprich ermutigen, motivieren.
„Och nee, das ist der komplett verkehrte Baustein!“ – da wäre meine Frustrationstoleranz auch im Keller!

Doch gerade in der bekannten Trotzphase, wo dein Kind selbstständig sein möchte und Dinge tun möchte, die es noch nicht kann bzw vom Kopf her noch gar nicht in der Lage zu ist, dieses umzusetzen, lass es dein Kind ein paar Mal ausprobieren. Und ja danach mag es frustriert sein – das darf dein Kind auch sein. Denn stell dir einmal vor, du versuchst etwas Neues und es gelingt dir nicht gleich. Dann wärst du auch traurig, verlierst aber, genauso wie dein Kind, dein Ziel nicht aus den Augen. Wenn du jetzt aber zu deinem Kind gehst und ihm vorschlägst es gemeinsam zu tun, also dein Kind den ersten Schritt und du den zweiten, dein Kind den dritten und du den vierten Schritt. Dann habt ihr es gemeinsam gemacht. Und nach einer gewissen Zeit wird dein Kind die ersten beiden Schritten alleine machen und du nur noch den vierten Schritt.

Eine weitere Idee wäre ein Alltagskalender für Kinder

Auf eine Pappe kannst du nebeneinander Photos von den alltäglichen Dingen nach dem Aufstehen / vor dem zu-Bett-gehen aufkleben und dein Kind kann immer das Kästchen mit der jeweiligen Tätigkeit, die es beendet hat, zu klappen. Dsa macht dein Kind unwahrscheinlich stolz, weil es selbstständig sein kann und gleichzeitig vermittelt es Sicherheit. Es ist ein entlang hangeln im Alltag. Vergessen kannst du auch nichts – denn dafür gibt es ja die Bilder.

Ich rate von Belohnungssystemen ab

Denn stell dir einmal vor du hast einen großen Wunsch und weißt, dass dir dieser Wunsch je nach deinem Verhalten erfüllt wird oder eben nicht? Was fühlst du? Wie würdest du dich verhalten?

Wahrscheinlich würdest du dich anpassen, um deinen Wunsch so schnell wie möglich erfüllt zu bekommen. Bist du dann noch du selbst?

Du schaust lieber ein Videos?

Dann schau mal hier

11 Antworten zu „Frustrationstoleranz bei Kindern”.

  1. Milch ist fast aufgebraucht und Toilettenpapier wird gekauft. Sehr lebensnah! #mentalloadoverkill

    P.s. toller Text!

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    1. Vielen lieben dank für deinen Kommentar und den wink mit dem Zaunspfahl.
      Da haben meine Finger wohl den eigenen Einkaufszettel geschrieben.
      LG Maria

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  2. […] und Dein Kind nicht überfordern. Denn nicht nur das eigenständige Entscheiden sondern auch das bewältigen von Herausforderungen stärkt Dein […]

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  3. […] dazugehörige Motivation, Ausdauer und Weitsicht. Auch entsteht Resilienz durch Vorbilder und deren Umgang mit Herausforderungen und Misserfolg und Unmut. Entwicklungsbegleiter dürfen zugewandt, einfühlsam und zuverlässig […]

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  4. […] die fortgesetzte Erfahrung kleinerer und größerer Frustrationen entwickelt sich gegen Ende des ersten Lebensjahres im Kind eine zweite Persönlichkeitsstruktur […]

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  5. […] die fortgesetzte Erfahrung kleinerer und größerer Frustrationen entwickelt sich gegen Ende des ersten Lebensjahres im Kind eine zweite Persönlichkeitsstruktur […]

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  6. […] Bereits im ersten Lebensjahr zeigen sich Vorläufer. Diese basieren auf den gefühlvollen, empathischen und vertrauensvollen Interaktionen zwischen dir als Mutter und deinem Kind, die die beste Voraussetzung sind, um eine positive Bereitschaft zu entwickeln, sich von der Bezugsperson sozialisieren zu lassen. Um für die Werte und Regeln empfänglich zu sein und diese zu übernehmen bedarf es ebenfalls eine sichere Bindung zur Bezugsperson sowie ein gewisses Training im Umgang mit alltäglichen Frustrationen. […]

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  7. […] Hüfthöhe und ab und zu schreit er. Das hat einem 2-jährigen Kind Angst gemacht. Darauf muss er Rücksicht nehmen. Denn schließlich ist er dort nicht alleine und Regeln müssten sein. Und dann gibt es ja […]

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  8. […] Im Spiel können Fehler gemacht werden: dein Kind übt sich in seiner Frustrationstoleranz, lernen mit Erfolg und Misserfolg […]

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  9. […] Frustrationstoleranz bei Kindern […]

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