Trampolinspringen gilt als harmloser Freizeitspaß.
Kinder lachen, hüpfen, fliegen für kurze Zeit der Schwerkraft davon.
Ein Bild voller Leichtigkeit.
Doch hinter dem bunten Federvergnügen verbergen sich Risiken, die oft übersehen werden:
körperlich, entwicklungspsychologisch und sozial.
Dieser Beitrag will nicht verteufeln.
Aber aufklären.
Denn nur wer die Risiken kennt, kann wirklich verantwortungsvoll abwägen.
1. Was auf den ersten Blick gesund wirkt …
Eltern und pädagogische Fachkräfte sehen im Trampolinspringen oft nur die Vorteile:
Bewegung, Koordination, Muskeltraining, Freude.
Das stimmt.
Aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Vorteile (unter Aufsicht & bei altersgerechter Nutzung):
- Förderung der Gleichgewichtsfähigkeit
- Verbesserung der Tiefenmuskulatur
- Anregung des vestibulären Systems
- Bewegungsfreude & Körperbewusstsein
Diese positiven Effekte treten jedoch nur auf, wenn Kinder motorisch, kognitiv und körperlich reif genug sind und das Gerät sicher genutzt wird.
2. … birgt auf den zweiten Blick erhebliche Gefahren
A. Orthopädische Risiken
- Laut Studien (z. B. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie) zählen Trampolinunfälle zu den häufigsten Verletzungen im Kindesalter im Bereich der Freizeitaktivitäten.
Häufige Verletzungen sind:
- Frakturen (vor allem Unterarm, Schlüsselbein, Sprunggelenk)
- Wirbelsäulenverletzungen durch unkontrollierte Landungen
- Überdehnungen und Bänderrisse bei unkontrollierten Sprüngen oder Zusammenstößen
- Besonders riskant: Mehrere Kinder gleichzeitig auf einem Trampolin.
Denn damit steigt das Risiko um das bis zu 5-fache!
B. Entwicklungsmotorische Überforderung
Kinder unter 6 Jahren verfügen nicht über die notwendige Körperkontrolle, um die Sprungkräfte und Landungen sicher zu verarbeiten. Die noch weichen Wachstumsfugen und Gelenke sind anfällig für Verletzungen, die Langzeitfolgen haben können.
C. Versteckte psychische Belastungen
- Leistungsdruck („Wer kann am höchsten springen?“)
- Selbstüberschätzung („Ich schaffe den Salto auch!“)
- Versagensängste oder Scham, wenn das eigene Körpergefühl nicht mitkommt
Was wie ein Spiel aussieht, wird für manche Kinder zur Bühne, auf der sie sich beweisen müssen.
Das hat Einfluss auf ihr Selbstbild.
3. Warum der pädagogische Blick so wichtig ist
Als pädagogische Fachkraft oder Elternteil braucht es mehr als nur technisches Wissen.
Es braucht eine Bewertung aus der Sicht des Kindes.
Wichtige Fragen sollten sein:
- Kann das Kind Körpersignale wahrnehmen und Grenzen erkennen?
- Ist es in der Lage, Impulse zu kontrollieren?
- Springt es freiwillig oder aus Gruppendruck?
- Wie geht die Gruppe mit Wagnis und Scheitern um?
Bewegungsangebote dürfen fordern.
Jedoch nicht überfordern.
Nicht jedes Kind profitiert vom Trampolin.
Und das ist in Ordnung.
4. Kognitive Auswirkungen: unterschätzt, aber relevant
Trampolinspringen beeinflusst nicht nur den Körper, sondern auch das Zentralnervensystem, denn das vestibuläre System (Gleichgewicht) ist eng mit der Wahrnehmungsverarbeitung und sogar mit der Sprachentwicklung verknüpft.
Zu intensive Reize, z. B. durch langes Springen, können bei empfindlichen Kindern zu:
- Überreizung,
- Kopfschmerzen,
- Unruhe oder
- Aggression
führen.
Gerade bei Kindern mit ADHS, Autismus oder Wahrnehmungsstörungen kann das Springen mehr schaden als nützen, wenn es unreflektiert eingesetzt wird.
5. Sicherheit beginnt mit Wissen und klaren Regeln
Empfehlungen der Unfallkassen & Kinderärzte:
- Kein Trampolinspringen unter 6 Jahren
- Nur EIN Kind alleine
- Sicherheitsnetz & gepolsterter Rahmen
- Nie ohne Aufsicht
- Keine Saltos, keine Kunststücke.
Auch nicht „mal kurz“!
Wichtig: Auch kleine Gartentrampoline (Minitrampolin) können gefährlich sein!
Besonders in Innenräumen, ohne festen Stand oder weiche Umgebung.
6. Elternarbeit & Kommunikation in der Kita
Kitas und pädagogische Fachkräfte sind oft in der Position, zwischen Bewegungsfreude und Sicherheitsbewusstsein vermitteln zu müssen.
Dabei hilft:
- Transparente Elternkommunikation (z. B. Elternabend zu Bewegungsförderung & Unfallgefahren)
- Klare Regeln im Bewegungsraum
- Alternativen anbieten: Balancierbalken, Hüpfsäcke, Wackelsteine.
Diese fördern Gleichgewicht und Koordination ohne Sprungkraft.
Trampolin? Vielleicht aber bitte durchdacht!
Trampolinspringen ist kein Teufelszeug.
Aber auch kein unbedenkliches Kinderspielzeug.
Es braucht pädagogisches Fingerspitzengefühl, medizinisches Grundwissen und klare Haltung.
Wer Kindern wirklich gerecht werden will, muss ihnen nicht alles ermöglichen, sondern die richtigen Bedingungen für eine sichere Entfaltung schaffen.
Denn nicht alles, was Kinder begeistert, ist automatisch kindgerecht.
Und nicht alles, was „Spaß macht“, ist ohne Risiko.
Zum Weiterdenken
- Brauchen wir verpflichtende Sicherheitsunterweisungen für Eltern beim Trampolinkauf?
- Wie kann Bewegungsfreude ohne Leistungsdruck gefördert werden?
- Welche Alternativen zum Trampolin fördern Gleichgewicht, Selbstwirksamkeit und Körpererfahrung?






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