Im ersten Teil eines Leitfadens für Integrationsmaßnahmen in Tageseinrichtungen für Kinder bis zur Einschulung (Krippe / Kindergarten) geht es um die rechtlichen Grundlagen.
Und zwar um die Paragraphen aus dem 8., 9. und 12. Sozialgesetzbuch, dem Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch und aus dem Hess. Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen.
Rechtliche Grundlagen
Zur Unterstützung der gemeinsamen Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung in der Kindertagesbetreuung gibt es verschiedene gesetzliche Grundlagen.
Die Aufnahme und Betreuung von Kindern mit Beeinträchtigungen wird vom Sozialhilfeträger finanziert.Auszüge aus dem achten, neunten und zwölften Sozialgesetzbuch (SGB VIII, IX
und XII)
22a Förderung in Tageseinrichtungen SGB VIII
(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Qualität der Förderung in ihren Einrichtungen durch geeignete Maßnahmen sicherstellen und weiterentwickeln. Dazu gehören die Entwicklung und der Einsatz einer pädagogischen Konzeption als Grundlage für die Erfüllung des Förderungsauftrags sowie der Einsatz von Instrumenten und Verfahren zur Evaluation der Arbeit in den Einrichtungen.
(4) Kinder mit und ohne Behinderung sollen, sofern der Hilfebedarf dies zulässt, in Gruppen gemeinsam gefördert werden. Zu diesem Zweck sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptionellen Ausgestaltung und Finanzierung des Angebots zusammenarbeiten.
35a SGB VIII Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieses Buches sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
2 SGB IX Behinderung
(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht er langen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
55 SGB IX Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft
(1) Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden.
(2) Leistungen nach Absatz 1 sind insbesondere
1. Versorgung mit anderen als den in § 31 genannten Hilfsmitteln oder den in § 33 genannten
Hilfen,
2. heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind,
3. Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen,
4. Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt,
5. Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht,
6. Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten,
7. Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben.
56 Heilpädagogische Leistungen SGB IX
(1) Heilpädagogische Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 werden erbracht, wenn nach fachlicher
Erkenntnis zu erwarten ist, dass hierdurch
- eine drohende Behinderung abgewendet oder der fortschreitende Verlauf einer Behinderung verlangsamt oder
- die Folgen einer Behinderung beseitigt oder gemildert werden können. Sie werden immer an schwerstbehinderte und schwerstmehrfachbehinderte Kinder, die noch nicht eingeschult sind, erbracht.
(2) In Verbindung mit Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung (§30) und schulvorbereitenden Maßnahmen der Schulträger werden heilpädagogische Leistungen als Komplexleistungen erbracht.
53 SGB XII Leistungsberechtigte und Aufgabe
(1) Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe
erhalten.
(2) Von einer Behinderung bedroht sind Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht.
Auszüge aus dem Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HessKiföG)
Zuständigkeit bei Maßnahmen für junge Menschen mit Mehrfachbehinderungen und bei Maßnahmen der Frühförderung für Kinder
(1) Hat ein junger Mensch neben einer körperlichen oder geistigen Behinderung, die Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch erfordert, auch eine seelische Behinderung, die Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch erfordert, oder ist er von einer solchen Mehrfachbehinderung bedroht, so werden diese Maßnahmen der Eingliederungshilfe durch die Träger der Sozialhilfe nach den Vorschriften des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch gewährt, wenn die Verbindung beider Maßnahmen zur Erreichung des Eingliederungsziels nach dem Vierten Abschnitt des Achten Buches Sozialgesetzbuch notwendig ist. Soweit kein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch besteht, ist für den Bereich der jungen Menschen mit seelischen Behinderungen der Träger der Jugendhilfe zuständig.
(2) Maßnahmen der Frühförderung für Kinder werden unabhängig von der Art der Behinderung von den Trägern der Sozialhilfe gewährt. Maßnahmen der Frühförderung schließen die integrative Erziehung von Kindern in Tageseinrichtungen ein.
Hessisches Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (HessBGG)
1 Ziel des Gesetzes
Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.
2 Menschen mit Behinderungen
Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
4 Benachteiligung
(1) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn
- Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden,
- Menschen mit Behinderungen die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert oder erschwert wird,
- angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen im Sinne der Art. 2 und 5 Abs. 3 der UN-Behindertenrechtskonvention versagt werden oder
- Menschen mit Behinderung im Sinne des § 3 Abs. 3 oder 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610), belästigt werden.
(2) Bei einem Verstoß gegen eine Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit wird das Vorliegen einer Benachteiligung widerleglich vermutet.
5 Vermeidung von Benachteiligungen wegen mehrerer Gründe, besondere Belange von Frauen, Kindern und Eltern mit Behinderungen
(1) Als besonderer Belang von Menschen mit Behinderungen ist die Vermeidung von Benachteiligungen wegen weiterer in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genannter Gründe zu berücksichtigen.
(2) Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit Behinderungen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig und nach Möglichkeit durchzuführen.
(3) Die Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 haben bei Maßnahmen, die Kinder und Jugendliche mit Behinderungen betreffen, das Wohl der Kinder und Jugendlichen vorrangig zu berücksichtigen und darauf hinzuwirken, dass sie gleichberechtigt mit Kindern und Jugendlichen ohne Behinderungen ihre Rechte wahrnehmen können.
(4) Zur Verwirklichung einer selbstbestimmten Elternschaft sind die spezifischen Bedürfnisse von Eltern mit Behinderungen und deren Kindern zu berücksichtigen.
6 Gemeinsame Erziehung und Bildung in öffentlichen Einrichtungen
Öffentliche Einrichtungen zur Erziehung und Bildung in Hessen fördern die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung am Leben der Gesellschaft und bieten ihnen gemeinsame Lern- und Lebensfelder. Das Nähere regeln die jeweiligen Landesgesetze.
8 Gebärdensprache und Kommunikation von Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen
(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.
(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.
(3) Menschen mit Hörbehinderungen (gehörlose, ertaubte, schwerhörige und taubblinde Menschen) und Menschen mit Sprachbehinderungen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.






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