„Wir sind barrierefrei? „
Wie oft hast du diesen Satz schon von einem Arbeitgeber gehört?
Was bedeutet es eigentlich barrierefrei zu sein?
Reicht da ein Fahrstuhl und mehrsprachige Prospekte aus?
Was ist barrierefrei?
Barrierefrei bedeutet, dass keine Barrieren, Hindernisse vorhanden sind und es somit auch für Menschen mit Behinderung ohne fremde Hilfe/ Unterstützung erreicht / genutzt werden kann.
Was macht einen barrierefreien Arbeitgeber aus?
In erster Linie ist ein inklusiver Gedanke wichtig, jedoch nicht ausreichend.
Auch reicht nicht nur der Wille inklusiv arbeiten zu wollen. Die Umsetzung sollte das Ziel sein!
Dieses stellt jedoch viele Arbeitgeber vor gedankliche Herausforderungen.
Doch warum eigentlich?
Denn auf lange Sicht gesehen ist dieses ein Zugewinn für alle Menschen, nicht nur den Arbeitgeber und dessen Mitarbeiter, sondern für die komplette Gesellschaft.
Gleichstellungs- & Behindertenbeauftragte reicht doch, oder?
Es ist nett, dass der Arbeitgeber diese hat.
Wenn sie jedoch für dich als Mitarbeiter nicht erreichbar sind, bringt es nichts sich, mit diesen beiden Gremien auszuzeichnen.
Das ist dann so ähnlich, wie wenn Arbeitgeber aufgrund der Behindertenquote Menschen mit Behinderung einstellen, nur um die Strafe zu umgehen.
Drehtür und Drücker am Eingang
Ja, cool.
Mega, wenn ihr an Menschen denkt, die im Rollstuhl sitzen.
Doch wie ist es mit Menschen, welche eine Sehbehinderung haben?
Ist euer Eingang so konzipiert, dass auch diese Menschen sich zurechtfinden?
Ist klar ersichtlich, wo der Ein- / Ausgang ist, wenn es zwei unterschiedliche Türen sind?
Öffnen sich die Türen automatisch? Beziehungsweise sind sie auch per Hand zu betätigen, zum Beispiel für Menschen mit unsichtbaren Krankheiten, welche sich in einem Shutdown befinden?
Ein Shutdown ist der Moment, in dem sich Menschen mit einer unsichtbaren Krankheit befinden, die auf eine vorangegangene Reizüberflutung (Overload) reagieren
Dienstplan
Es gibt Menschen, die arbeiten Vollzeit.
Es gibt Menschen, die arbeiten Teilzeit.
Es gibt Menschen, die haben unsichtbare Krankheiten. Für diese Menschen wäre ein regelmäßiger, sich nicht ständiger verändernder Dienstplan im Rahmen der Öffnungs- / Arbeitszeiten von Vorteil.
Im Sinne der Barrierefreiheit und Inklusion übrigens auch.
Konferenz / Teamsitzung
Nach einem Tag an der Arbeit kann es für Menschen eine Herausforderung sein, eine Konferenz bzw. eine Teamsitzung in einem großen Raum, mit mehreren Personen durchzuführen.
Alleine die Raumgröße, die Anzahl der Menschen, die verschiedenen Gerüche, die Raumtemperatur, das Licht können stressauslösende Faktoren sein.
In einem anderen Büro oder von zu Hause sich online zuzuschalten wäre eine mögliche Alternative.
Mitarbeiterbüros
Sind diese einzeln abtrennbar? Oder sogar in einzelnen Räumen untergebracht?
Gibt es die Möglichkeit sich, zum Beispiel bei Glastüren diese abzuhängen, damit der Mensch nicht das Gefühl der Beobachtung hat?
Fortbildungen
Bietet dein Arbeitgeber Fortbildungen an? Auch im Bereich der Neurodivergenz?
Gibt es auch die Möglichkeit, dass neurodivergente Menschen Fortbildungen bzw., eine Anleitung zu sich selbst geben, um über ihre Bedürfnisse und Bedarfe zu sprechen?
Aufzug
Habt ihr einen Aufzug? Auch einen, der funktioniert? Und in den nicht nur ein Rollstuhl, sondern auch ein Kinderwagen passt?
Ist über diesen auch jede Abteilung erreichbar?
E-Mail statt Anrufe
„Kannst du mich mal kurz anrufen?“
Eine einfache Frage, die neurodivergente Menschen unter Druck setzen könnte.
Denn für sie kann es schon stressauslösend sein, wenn
- sie eine Nummer wählen (sie könnten sich verwählen)
- während des Freizeichens warten (erzeugt Unruhe, Nervosität)
- Sie beim Gespräch nicht abschätzen können, wann sie sprechen können
Eine kurze E-Mail würde helfen.
Denn bei dieser können sie selbst entscheiden, wann sie schreiben und die Worte noch korrigieren, bevor die Nachricht abgeschickt wird. Und sie können weiterhin selbst entscheiden, wann sie die Antwort lesen und bei Bedarf beantworten.
Dieses erzeugt das Gefühl von Selbstständigkeit und der Annahme ihrer Person als Mensch mit ihren Bedürfnissen und Bedarfen.
Druckerei
Hat dein Arbeitgeber eine eigene Druckerei für eure Prospekte und Ähnliches? Bietet ihr dort auch euer Ausgedrucktes in Brailleschrift an?
Oder lagert ihr eure Drucke an eine externe Druckerei aus? Bieten diese die Ausdrucke in Brailleschrift an?
Infotafeln in Brailleschrift beschriftet
Gibt es die Informationen auf den Infotafeln auch in Brailleschrift, sodass die Informationen auch von Menschen gelesen werden können, welche Sehbehindert sind?
Treppengeländer mit Brailleschrift bedruckt
Sind eure Treppengeländer auf der jeweiligen Etage mit der jeweiligen Abteilung in Brailleschrift bedruckt?
Ausstellungen
Bitte achtet bei Ausstellungen darauf, dass sie uneingeschränkt begutachtet werden können, zum Beispiel ohne Magnete für Menschen mit Herzschrittmacher.
Auf Kennenlernspiele verzichten
Für neurodivergente Menschen kann es eine Herausforderung sein vor fremden Menschen zu sprechen.
Vor allem in einem Raum, den sie nicht kennen.
Sie benötigen Sicherheit und Struktur.
Gib ihnen die Zeit
Gemeinsamkeiten sind nicht im Sinne der Inklusion
Falls du vorhast, als Einstieg Bingo zu spielen, um dann herauszufinden, wer die meisten Gemeinsamkeiten hat, ist das eine schlechte Idee!
Denn zum einen müsstest du alle Kollegen / Mitarbeiter so gut kennen, dass wirklich jeder in jeder Reihe alles ankreuzen kann, weil es auf ihn zutrifft und zum anderen wäre es doch ein inklusiverer Schritt über die Unterschiede zu sprechen, um dem anderen einen Einblick in seine Welt zu ermöglichen.
Denn wir alle haben nur eine einzige Gemeinsamkeit:
WIR SIND MENSCHEN






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